Beste Atemtechnik bei Stress und Panik
Die Atmung ist ein äusserst wirksames Werkzeuge, wenn es darum geht, Stress, Panik und Gefühle zu managen. Besonders ab der Lebensmitte kann das hilfreich sein: Nicht so leicht ausrasten, effektiver Stress abbauen, besser mit Angst- und Panikattacken umgehen. Mit dieser Atemtechnik klappt’s.
Buddhistische Mönche kennen das Geheimnis entspannender Atmung schon länger. Sie haben die Kunst der Atmung von drei oder vier Atemzügen pro Minute perfektioniert. Ein Atemzug ein - ein Atemzug aus - über den Zeitraum von 20 Sekunden.
Das ist natürlich ein sehr bewusstes Atmen, was man sich antrainieren muss. Kein Mensch atmet auf natürliche Weise so langsam. Wenn wir normal Atmen passiert das automatisch. Besser ist das! Dabei machen wir erwachsenen Menschen circa 16 Atemzüge pro Minute – da sind circa 23´000 Atemzüge pro Tag.
Die magische Nummer 6!
Interessanterweise haben Wissenschaftler herausgefunden, dass eine bestimmte Atemfrequenz – sechs Atemzüge pro Minute – besonders erholsam sein kann und eine Entspannungsreaktion in Gehirn und Körper auslöst. Langsame, tiefe Atemzüge initiieren eine ganze Kaskade physiologischer Reaktionen, durch die wir den Zustand der Entspannung schneller erreichen.
Was passiert dabei?
Langsames, bewusstes Atmen mit sechs Atemzügen pro Minute verbessert unter anderem unser Herz-Kreislauf System, senkt den Blutdruck, verbessert die Blutzirkulation und erhöht den Sauerstoffgehalt im Blut. Es aktiviert den Parasympathikus, der uns in und nach Stressphasen „runter“ bringt.
Wissenschaftliche Studien zeigen, dass langsames, tiefes Atmen dazu beitragen kann, die Symptome von Depressionen und Angstzuständen zu lindern, und dass es auch bei Schlaflosigkeit zu helfen scheint. Die tiefe Atmung kann zudem die Schmerzbewältigung verbessern.
Beim tiefen Atmen wird die Balance zwischen Sauerstoff und Kohlendioxid wieder hergestellt, der Körper erhält das Signal, von „Fight & Flight“ – dem Kampf- und Flucht-Instinkt – wieder in seinen normalen Modus zu wechseln.
Wir verbessern mit der richtigen Atmung – tief und durch die Nase ein und aus – auch Fokus und Konzentration! Studien zeigen, dass dabei Gehirnaktivitäten synchronisiert werden, die für die Aufrechterhaltung von Aufmerksamkeit und Fokus wichtig sind.
Vagusnerv liebt sechs Atemzüge pro Minute!
Top-Effekte hat diese Tiefenatmung auf den Vagusnerv, unser längster Nerv und wichtige Körper-Hirn-Achse. Der Vagus ist die Datenautobahn für Informationen zwischen Organen und Gehirn und reguliert Entzündungen. Er schaltet den Körper nach „Fight & Flight“ wieder in den „Rest & Digest“ (Ruhe & Verdauung) Modus. Und unser Vagusnerv kommt durch die 6er-Atmung so richtig in Schwung, genannt Tonus.
Wie gut unser Vagus tonisiert ist, lässt sich sogar messen! Und zwar über die Herzfrequenzvariabilität – die Heart Rate Variability (HRV) – ,die die Länge zwischen zwei Herzschlägen misst. Je höher, je variabler sie ist, desto besser. Denn das heisst, dass der Vagusnerv gut anschlägt, dass er so, mit jedem Atemzug, unseren Herzschlag schön gleichmässig und niedrig hält.
Eine hohe HRV und ein hoher Vagus-Tonus ist gut für: Fokus, Erinnerungsvermögen, emotionale Stabilität, weniger Ängste & Depressionen, bessere Blutzuckerkontrolle und niedrigere Entzündungsparameter.
Und die beste Herzfrequenzvariabilität haben wir bei sechs Atemzügen pro Minute!
Eine Menge sehr cooler Effekte für ein klein wenig Atmen, oder?
Was muss ich bei der 6 pro Minute Relax-Atmung beachten?
#1 Durch Nase ein- und ausatmen
Am signifikantesten ist die Wirkung, wenn durch die Nase, nicht durch den Mund geatmet wird. Das liegt an den sensorischen Neuronen, die in der Nase sitzen, und die Informationen ans Gehirn weiterleiten: die Synchronisation zwischen Atmung und Gehirnwellen. Genau deswegen erfolgt übrigens auch beim Yoga die Atmung durch die Nase. Etwa die wechselseitige Nasenatmung namens Nadi Shodhana.
#2 Gleichmässig ein- und ausatmen
Ebenfalls wichtig ist gleichwertiges Ein- und Ausatmen. Sprich, dass Einatmung und Ausatmung ungefähr gleich lang dauern.
#3 Aus dem Bauch atmen
Man muss gar nicht so akribisch immer bis sechs zählen. In dem Moment, wo wir nicht oberflächlich aus der Lunge atmen, sondern tief aus dem Bauch, dem Zwerchfell heraus, sind wir automatisch bei einem Atemzug von circa 10 Sekunden Länge: 5 Sekunden einatmen - 5 Sekunden ausatmen. Das addiert sich dann auf die 6 Atemzüge pro Minute.
Das Zwerchfell ist übrigens eine Art Platte, die Brusthöhle von Bauchhöhle trennt, bestehend aus Muskeln und Sehen.
#4 Dauer & Häufigkeit
Praktiziere die Atmung regelmässig. Gern anfangs jeweils 5 Minuten, auch gern mehrmals am Tag. Oder du legst eine längere 10–15 Minuten Atem-Session ein, beispielsweise abends vor dem Einschlafen.
Magische 6er Atmung: So geht’s
6 Atemzüge pro Minute. Ein kompletter Atemzug heisst: 5 Sekunden ein, 5 Sekunden aus.
Anleitung für Anfänger
-
Leg dich auf den Rücken, Knie leicht erhöht legen. Eine Hand auf die Brust, die andere auf den Bauch legen.
-
Langsam einatmen, bist du fühlst, wie sich der Bauch wölbt (5 Sekunden)
-
Lass deine Rippen nach oben und aussen ausdehnen. Dein Brustkorb sollte sich dabei möglichst nicht bewegen!
-
Nach voller Einatmung, Bauch aktivieren und mit den Bauchmuskeln aktiv den Bauch runterdrücken und die Luft durch die Nase nach aussen weichen lassen. (5 Sekunden)
Für Geübte
Mit etwas Übung musst du dich dafür nicht mehr hinlegen, sondern kannst genau diese Atem-Reihenfolge im Sitzen, Stehen – oder wer richtig gut ist, sogar im Laufen praktizieren. Gehen und die sechs Atemzüge pro Minute dabei zu synchronisieren, ist eine tolle Übung!
Oder du atmest mit mir gemeinsam!
Beste Atemtechnik bei Stress und Panik: 6 Atemzüge pro Minute
Wer eine Smartwatch oder einen Fitness-Tracker sein Eigen nennt, kann damit auch oft seine Herzfrequenzvariabilität, die Heart Rate Variability (HRV), tracken. Testet doch damit mal direkt, wie sich bewusste tiefe sechs Atemzüge pro Minute auf sie auswirkt!
Studien & Quellen
Zou, Y., Zhao, X., Hou, Y., et al. (2017). Meta-Analysis of Effects of Voluntary Slow Breathing Exercises for Control of Heart Rate and Blood Pressure in Patients With Cardiovascular Diseases. The American Journal of Cardiology, 120(1), 148–153. https://doi.org/10.1016/j.amjcard.2017.03.247
Zaccaro, A., Piarulli, A., Laurino, M., et al. (2018). How Breath-Control Can Change Your Life: A systematic review on Psycho-Physiological correlates of slow breathing. Frontiers in Human Neuroscience, 12. https://doi.org/10.3389/fnhum.2018.00353
Jafari, H., Gholamrezaei, A., Franssen, M., et al. (2020). Can slow deep breathing reduce pain? An experimental study exploring mechanisms. The Journal of Pain, 21(9–10), 1018–1030. https://doi.org/10.1016/j.jpain.2019.12.010
Jerath, R., Beveridge, C. & Barnes, V. A. (2019). Self-Regulation of breathing as an adjunctive treatment of insomnia. Frontiers in Psychiatry, 9. https://doi.org/10.3389/fpsyt.2018.00780
Steffen, P. R., Bartlett, D., Channell, R., et al. (2021). Integrating breathing techniques into psychotherapy to improve HRV: Which approach is best? Frontiers in Psychology, 12. https://doi.org/10.3389/fpsyg.2021.624254
Mason, H., Vandoni, M., Debarbieri, G., et al. (2013). Cardiovascular and respiratory effect of yogic slow breathing in the yoga Beginner: What is the best approach? Evidence-based Complementary and Alternative Medicine, 2013, 1–7. https://doi.org/10.1155/2013/743504
Anderson, D. E., McNeely, J. D. & Windham, B. G. (2010). Regular slow-breathing exercise effects on blood pressure and breathing patterns at rest. Journal of Human Hypertension, 24(12), 807–813. https://doi.org/10.1038/jhh.2010.18
Arshamian, A., Iravani, B., Majid, A. & Lundström, J. N. (2018). Respiration modulates olfactory memory consolidation in humans. The Journal of Neuroscience, 38(48), 10286–10294. https://doi.org/10.1523/jneurosci.3360-17.2018